Wissenschaft Lebender Systeme
Kapitel 5
Körperexterne Organe des Menschen
Liebe Freundin, lieber Leser,
Das Organ und seine Steuerung
Der Begriff "Organ" kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Werkzeug". Innerhalb des menschlichen Körpers sind Zellen mit identischen Funktionen zu Organen zusammengefasst. Das Gehirn, das Herz, die Lungen, der Darm usw. sind Beispiele für derartige Organe, die innerhalb des Systems Mensch eine Funktion für den Gesamtorganismus übernehmen. Sie erfüllen einen Dienst oder erledidigen eine Aufgabe – auch könnte man den Sinn der Organe beschreiben.
In meiner Sichtweise, in der ich die steuernde Instanz des Menschen als das ICH definiere, stehen die Organe im Dienst dieses ICHs. Sie arbeiten allerdings autonom, ohne dass das ICH sich um Einzelheiten kümmern muss. Das ICH muss nur das Ziel angeben, beispielsweise dass der Körper sich geradeaus bewegen soll, die Einzelheiten besorgen dann die Muskeln, die für die Fortbewegung zuständig sind.
Nur die beiden übergeordneten Ziele des Lebenden Systems, nämlich das Überleben (die Selbsterhaltung) und das Wachstum (die Selbstentfaltung) entziehen sich jedoch dieser ICH-Steuerung. Jedes Lebende System, egal welcher Größenordnung auch immer (Zelle, Individuum oder Hypersystem) ist diesen beiden Zielen unterworfen.
Die Steuerinstanz steuert lediglich die Richtung, in der diese Ziele erreicht werden. Und die Organe, die die Selbsterhaltung garantieren (das Verdauungssystem), arbeiten unbewusst direkt für dieses Ziel. Sie werden vom parasympathischen Nervensystem koordiniert. Das ICH entscheidet diesbezüglich nur, welche Nahrung in den Mund eingeführt wird. Bezüglich der Selbstentfaltung, also die Frage, in welche Richtung das Wachstum des Systems Mensch stattfindet, hat das ICH eine größere Mitbestimmung – die äußeren Umstände sind dabei nämlich zu berücksichtigen. Die Organe, deren Steuerung dem ICH unterliegt sind dabei in erster Linie die Arme/Hände sowie die Beine. Hilfsorgan für diese Steuerung ist das Gehirn.
Die körperexternen Organe
Im Kapitel 4 habe ich Ihnen, lieber Leser, bereits dargelegt dass der menschliche Körper nicht nur aus lebenden Teilen zusammengesetzt ist, sondern auch aus nichtlebenden Komponenten besteht.
Die äußere Hautschicht des Menschen besteht aus nichtlebendem Material. Diese äußeren Hautzellen sind verhornt und haben Haare. Bei vielen anderen Säugetieren ist das viel deutlicher als beim Menschen. Auch diese Komponenten des Systems Mensch erfüllen Aufgaben für das Gesamtsystem: die Hornschicht schützt vor Verletzungen und vor dem Eindringen von Bakterien und Viren, die Haare sind ein Kälteschutz. Diese nichtlebende äußere Hülle erfüllt also auch die Anforderungen an ein Organ. Und so ist es aus Sicht der Wissenschaft Lebender Systeme folgerichtig, auch die daran anschließenden körperexternen Teile des Menschen, nämlich seine Kleidung, ebenfalls als ein Organ zu bezeichnen. Die Kleidung erfüllt die Aufgabe, den Körper vor Kälte und vor Verletzungen zu schützen. Zusätzlich kann sie selbstverständlich noch weitere Aufgaben erfüllen. Sie, liebe Freundin, wissen das sehr genau: die Kleidung dient zusätzlich dem Schmücken. Mit ihr kann man die Aufmerksamkeit männlicher Mitmenschen erregen, oder auch signalisieren, dass man einer bestimmten Gruppe angehört. Der Vorteil eines derartigen körperexternen Organs liegt auf der Hand: Man kann es ablegen und sich anders kleiden, je nach Anlass. Man kann sich der Mode anpassen und sich alle halbe Jahre ein modernes Kleidungsstück zulegen. Besonders reizvoll kann auch die Unterbekleidung sein, die nur beim Ausziehen sichtbar wird.
Die körperexternen (oder künstlichen) Organe des Menschen sind übrigens in der Regel Erweiterungen der natürlichen Organe.
Das betrifft besonders die Erweiterungen der Bewegungsorgane und das, was allgemein als "Werkzeuge" bezeichnet wird.
Die natürlichen Fortbewegungsorgane des Menschen sind die Beine. Als Erweiterungen der Beine können Fahrräder und Autos gelten. Auch für die Sinnesorgane gibt es Erweiterungen. Das Mikroskop, die Brille, das Fernrohr, das Nachtsichtgerät usw. sind Erweiterungen der Augen. Sie verbessern die Sehfähigkeit.
Werkzeuge, die wir mit der Hand bedienen, sind Erweiterungen der Hände. Das war in der Steinzeit der Stein, später der Hammer, das Beil, der Speer, die Pistole, das Gewehr, der Flammenwerfer, die Panzerfaust usw.. Man sieht an diesen Beispielen, deren Liste Sie beliebig fortsetzen können, liebe Freundin, dass diese körperextern Organe nicht nur der Überwältigung und Tötung der Beute, also der Selbsterhaltung, gedient haben, sondern immer auch zum Töten anderen Menschen, die als Feinde definiert werden.
Also: ein Organ kann ein lebendes körperinternes Werkzeug des menschlichen Körpers sein, ein nichtlebendes körperinternes Hilfsmittel, aber es auch ein körperexternes Werkzeug sein.
Sie müssen sich nur von der Vorstellung befreien, dass ein Organ stets in Ihrem Körper liegen muss, lieber Leser. Ein Organ erfüllt eine Aufgabe für den Gesamtorganismus unabhängig davon, wo es sich befindet.
Mit dieser neuen Vorstellung von einem Organ, lieber Leser, verlassen Sie herkömmliches Denken und verändern sich und Ihre Umwelt. Es ist, wenn Sie mir folgen, der Beginn eines neuen Denkens, das ich Ihnen vermitteln möchte.
Implikationen des neuen Denkens
Das System Mensch
Ich selbst habe etwa 10 Jahre benötigt, um dieses neuen Denken zu entwickeln. 1989 stellte ich in meiner Doktorarbeit eine neue Triebtheorie auf, nach der jedes Lebende System zwei Ziele mit seinem Handeln verfolgt: erstens das Ziel der Selbsterhaltung und zweitens das Ziel der Selbstentfaltung, das ständigen Wachstums. Die Einstellung des Größenwachstums jedes lebenden Organismus schien diese Triebtheorie zu widerlegen. Es hat dann etwa 10 Jahre gedauert, bis ich die Erkenntnis hatte, dass der Mensch nicht nur aus seinem lebenden Körper besteht, sondern dass er im Erwachsenenalter dadurch weiterhin wächst, dass er sich diese körperexternen Organe zulegt.
Das Erkennen des ständigen Größenwachstums des Menschen ist die erste Implikation aus dieser Erkenntnis der körperexternen Organe.
Dass der Mensch ein ständig wachsendes Wesen ist, kann man erst dann sinnlich wahrnehmen, wenn man diese körperexternen Organe dem Individuum hinzurechnet. Dann bemerkt man, dass seine Kleidung, seine Wohnung oder sein Haus, sein Auto und sein ganzer materieller Besitz zu ihm gehört, zum Individuum Mensch. Um dieses neue Wahrnehmen und Denken auch begrifflich zu charakterisieren, habe ich den Begriff des "System Mensch" eingeführt.
Das Erkennen des Systems Mensch ist die zweite Implikation des neuen Denkens und Wahrnehmens. Das neue Denken führt nämlich auch zu einer neuen Wahrnehmung.
Zu diesem System Mensch gehört nicht nur der Körper, der, wie Sie gesehen haben, gar nicht nur aus lebenden Bestandteilen besteht, sondern es gehören auch die körperexternen materiellen Organe zu diesem System. Es gehört natürlich auch sein Geldbesitz dazu. Und es gehört der geistige Besitz zu diesem Gesamtorganismus. Das System Mensch besteht also aus Mensch (im herkömmlichen Sinn), aus zusätzlichen körperexternen Organen, Geldeigentum und geistigem Besitz.
Wenn man so will, lieber Leser, hat das BGB, das Bürgerliche Gesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland, diesen Begriff des Gesamtmenschen schon vorweggenommen, indem es Eigentum definiert hat. Eigen-tum ist alles das, was dem Individuum zugehört, ihm eigen ist. Das BGB definiert Eigentum als alles, worüber der Mensch verfügen kann. Es ist danach die Verfügungsgewalt, die alles das kennzeichnet, was zum Menschen gehört. Und das Individuum hat eben diese Verfügungsgewalt nicht nur über seinen Körper (wenn überhaupt), sondern auch über sein Eigentum, sein materielles und geistiges Eigentum.
Weitere Denkveränderungen und Änderungen der Wahrnehmung ergeben sich aus der Erkenntnis, dass die Gesetzmäßigkeiten des Handelns Lebender Systeme nicht nur für die Größenordnung Individuum gelten, sondern auch für Lebende Systeme höherer Ordnung.
Aber dazu später. Zunächst benötige eine Erholungspause, eine Entspannung bei einer Tasse Kaffee, liebe Freundin.
Ihr Rudi Zimmerman, Gesellschaftsanalytiker, 4.2.2017
Hier geht es zu den anderen Kapiteln des neuen Buchprojekts:
Kapitel 1: Das Menschenreich
Kapitel 2: Die Komponenten eines Systems
Kapitel 3: Die Ebenen der Systeme
Kapitel 4: Lebende und nichtlebende Komponenten des Menschen |